Es gibt zahlreiche hydraulische und pneumatische Bauteile
mit zwei Anschlüssen bzw. Strömungsöffnungen, deren Eigenschaften genau bekannt
sind und die nicht in jeder Strömungssimulation neu berechnet werden sollten.
Ein Beispiel dafür sind Lüfter. In SolidWorks Flow
Simulation ist eine umfangreiche Bibliothek von Lüftern verfügbar. Diese Lüfter
sind durch ihre statische Lüfterkennlinie beschrieben, die die Abhängigkeit
zwischen Druckabfall und geförderter Fluidmenge enthält (Bild 1).
![]() |
Bild 1: statische
Kennlinie eines Lüfters aus der SolidWorks Bauteilbibliothek
|
Die beiden Eckwerte auf dieser Kennlinie sind die
Förderleistung im Leerlauf und der Druck bei blockiertem Lüfter.
Da der Lüfter ein aktiver Zweipol ist, verläuft die Kennlinie nicht durch den
Koordinatenursprung.
Es gibt nun jedoch zahlreiche weitere Bauteile, die als
Strömungszweipole beschrieben werden können, insbesondere verschiedenste
Ventile. Dafür gibt es in SolidWorks Flow Simulation keine vorgefertigten
Modellbibliotheken, so dass diese Bauteile eigentlich detailliert mitberechnet
werden müssten, obwohl ihre Strömungscharakteristik genau bekannt ist.
Nun ist aber die Implementierung des Lüftermodelles in SolidWorks Flow Simulation so allgemein gehalten, daß dieses Modell auch für andere Zweipole genutzt werden kann.
Das soll im Folgenden an drei Bauteilen beschrieben werden.
1. Rückschlagventil
Ein Rückschlagventil ist dadurch gekennzeichnet, daß es
Strömung nur in der Durchlaßrichtung zuläßt, während in Sperrichtung höchstens
ein sehr kleiner Leckstrom fließen kann. Eine sehr einfache statische Kennlinie
ist in Bild 2 gezeigt. Da das Rückschlagventil ein passives Bauelement ist,
geht dessen Kennlinie durch den Ursprung des Koordinatensystems. Die Vorzeichen
für Druck und Volumenstrom ergeben sich aus der ursprünglichen Implementierung
des Zweipolmodells als Lüfter.
![]() |
Bild 2: statische
Kennlinie eines Rückschlagventils als benutzerdefinierter "Lüfter" in
der SolidWorks Bauteilbibliothek
|
Wichtig bei der Verwendung dieses Modells ist, daß die
Kennlinie nur die statischen Eigenschaften beschreibt. Zur Beschreibung
dynamischer Effekte im Ventil ist dieses Modell nicht geeignet. Wenn die
Reaktionszeiten des Ventils jedoch klein gegenüber den Änderungsraten im
Gesamtaufbau sind, dann ist dieses Modell sehr gut geeignet.
In Bild 3 sind ein Druckverlauf und der sich ergebende
Volumenstrom durch ein Ventil mit der in Bild 2 gezeigten Kennlinie
dargestellt. Erkennbar sind ein geringer Strömungswiderstand in Durchlassrichtung
und ein druckabhängiger Leckstrom.
![]() |
Bild 3: berechneter
Volumenstrom durch das Rückschlagventil für einen eingeprägten Druckverlauf
|
2. Druckbegrenzer
Der Druckbegrenzer soll unabhängig vom Eingangsdruck den
Druck am Auslaß auf einen vorgegebenen Wert begrenzen. Die zugehörige Kennlinie könnte in etwa so wie in Bild 4 dargestellt
sein: ab einem vorgegebenen Druck am Auslaß schließt das Ventil und es fließt nur
noch ein sehr kleiner Leckstrom. Nun verlangt aber das Zweipolmodell des
Lüfters in SolidWorks eine Kennlinie derart, daß der Druck eine eindeutige
Funktion des Volumenstromes ist. Die gezeigte Kennlinie erfüllt diese
Anforderung nicht. Deshalb ist zur Modellierung die Nutzung einer weiteren
Funktionalität von SolidWorks erforderlich. Es wird die Möglichkeit genutzt,
ein Zweipolmodell in Abhängigkeit von einer gemessenen Größe ein- und
auszuschalten, wobei eine Hysterese vorgegeben werden kann.
In Bild 5 ist der berechnete
Druckverlauf an einem Druckbegrenzer gezeigt, der am Einlaß mit wechselndem
Druck beaufschlagt und an dessen Auslaß
ein konstanter Volumenstrom entnommen wird. Deutlich erkennbar ist die
eingestellte Hysterese von 0.1 bar.
![]() |
Bild 4: Prinzip der
Kennlinie eines Druckbegrenzers
|
![]() |
Bild 5: Berechneter Druckverlauf
am Ausgang eines Druckbegrenzers für einen eingeprägten Druckverlauf am Eingang
und konstanter Volumenentnahme am Ausgang
|
3. Durchflussbegrenzer
Die Kennlinie eines einfachen Durchflussbegrenzers ist in
Bild 6 gezeigt: ab einem bestimmten Volumenstrom steigt der Druckabfall über
dem Bauteil stark an, so daß der Durchfluß begrenzt wird.
![]() |
Bild 6: Statische
Kennlinie eines Durchflussbegrenzers als benutzerdefinierter "Lüfter"
in der SolidWorks Bauteilbibliothek
|
Die sich ergebende Durchflusskurve für einen Druckverlauf
ist in Bild 7 dargestellt. Klar erkennbar ist die Begrenzung des Volumenstromes
auf den gewünschten Wert entsprechend der Bauteilkennlinie.
![]() |
Bild 7: Berechneter
Volumenstrom durch den Durchflussbegrenzer für einen eingeprägten Druckverlauf
|
4. Zusammenfassung
Die Implementierung des zweipoligen Bauteiles
"Lüfter" in SolidWorks beruht auf einer Kennlinie des Druckabfalles
als Funktion des Volumenstromes. Diese Form der Implementierung erlaubt es, ein
Bauteil vom Typ Lüfter auch für andere zweipolige Bauteile zu verwenden, deren
quasistatisches Verhalten durch eine Kennlinie vom Typ Volumenstrom-Druck oder
Massenfluß-Druck beschrieben werden kann. Eine Erweiterung auf nichteindeutige
Volumenstrom-Druck-Kennlinien ermöglicht die Funktionalität, dieses Bauteil in
Abhängigkeit gemessener Parameter ein- und auszuschalten.
Somit wird es dem Nutzer möglich, eine eigene Bibliothek
hydraulischer und pneumatischer Zweiportbauteile anzulegen, um damit eine
effektive Berechnung fluidischer Systeme zu erreichen.
Dr.-Ing. Peter Voigt
MB CAD GmbH